Die Großen Ponton-Mercedes - 220 a, 219, 220 S und 220 SE
Im März 1954 stellt Daimler-Benz den neuen Typ 220 vor, der sich in seiner ausgesprochen modernen Gesamtkonzeption an dem seit einem halben Jahr produzierten 180er orientiert. Das Sechszylindermodell, intern Typ 220 a oder W 180 genannt, bietet nun ebenfalls einen selbst tragenden Aufbau in Pontonform, der mit der Rahmenbodenanlage fest verschweißt ist. Auch stilistisch ist die enge Verwandtschaft zum Typ 180 nicht zu übersehen, zumal beide Modelle für den unkundigen Betrachter kaum zu unterscheiden sind.
Der 220 a hat allerdings einen um 170 Millimeter größeren Radstand, von dem 70 Millimeter dem Fußraum im Fond zugute kommen. Die verbleibenden 100 Millimeter gehen auf das Konto eines längeren Vorbaus, der aufgrund des Sechszylindermotors erforderlich ist. Die Motorhaube ist auf beiden Seiten der Kühlermaske bis fast zur Stoßstange heruntergezogen, und die Frischluft-Einlassöffnungen befinden sich hinter den serienmäßig montierten Nebelscheinwerfern. Die vorderen Blinker sitzen, anders als beim kleinen Bruder, in lang gezogenen verchromten Gehäusen, die ganz vorn oben auf die Kotflügel montiert sind.
Verbesserte Fahreigenschaften
Die Vorderradaufhängung und das Fahrschemel-Konzept sind vom Typ 180 übernommen; die Hinterradaufhängung ist dagegen eine völlige Neukonstruktion. Erstmals kommt in einem Mercedes-Benz Serien-Pkw die für den Formel-Rennwagen W 196 entwickelte Eingelenkpendelachse mit tief liegendem Drehpunkt zum Einsatz. Durch die vergrößerten Pendellängen werden kleinere Spur- und Sturzänderungen beim Einfedern und damit verbesserte Fahreigenschaften ermöglicht.
Der Sechszylindermotor des 220 a stammt vom Vorgängermodell der Baureihe W 187, ist aber in einigen Punkten modifiziert: Eine Erhöhung der Verdichtung sowie die Verwendung einer schärferen Nockenwelle und eines größeren Vergasers resultieren in einer Leistungssteigerung auf 85 PS (63 kW).
Deutlich verbessert ist die Bremsanlage: Der 220 a erhält verrippte Bremstrommeln mit „Turbokühlung“ an allen vier Rädern; für ausreichende Kühlluftzufuhr sorgen Lüftungsschlitze in den Felgen und den Radzierblenden. Ab September 1955 wird serienmäßig ein Bremskraftverstärker eingebaut.
Im März 1956, zwei Jahre nach der Präsentation des 220 a, werden der Öffentlichkeit die Typen 219 und 220 S vorgestellt, die gemeinsam die Nachfolge des ersten Sechszylindermodells mit Pontonkarosserie antreten. Als eigentlicher direkter Nachfolger fungiert der 220 S, was auch in der internen Bezeichnung W 180 II zum Ausdruck kommt. Er basiert weitgehend auf seinem Vorgängermodell, die Motorleistung kann jedoch durch Verwendung von zwei Register-Vergasern auf 100 PS (74 kW) erhöht werden. Auf dem Fahrschemel ist der Motor nicht mehr nur vorn, sondern an zwei zusätzlichen Auflagepunkten auch hinten gelagert. Äußerlich ist der 220 S nur an einer zusätzlichen Zierleiste von seinem Vorgänger zu unterscheiden: Die Sicke an den vorderen Kotflügeln und Türen ist auf beiden Seiten mit einem dünnen Chromstreifen versehen.
Das zweite Sechszylindermodell, das zusammen mit dem 220 S präsentiert wird, trägt die ungewohnte und wenig prestigeträchtige Typenbezeichnung 219. Der intern W 105 genannte Typ ist gewissermaßen durch Kombination der Typen 190 und 220 a entstanden und soll als einfacher ausgestattetes und deutlich preisgünstigeres Sechszylindermodell neue Kunden gewinnen. Der Motor ist unverändert vom 220 a übernommen, das Fahrwerk, die Karosserie ab der A-Säule und die Ausstattung stammen hingegen vom 190er. Der Sechszylindermotor bedingt einen längeren Vorderwagen, der wiederum dem 220 a entspricht. Dementsprechend sind Radstand und Gesamtlänge des 219 kleiner als beim 220 S, aber größer als beim 190.
Zahlreiche Verbesserungen
Unter dem Motto „Noch wertvoller, aber nicht teurer“ präsentieren sich im August 1957 fast alle Pkw-Modelle mit mehr oder weniger deutlichen Verbesserungen. Beide Sechszylinder Pontontypen erhalten leistungsgesteigerte Motoren, deren Leistungszuwachs – fünf PS beim 219 und sechs PS beim 220 S – durch Anhebung der Verdichtung auf 8,7:1 erzielt worden ist. Modifiziert sind außerdem die Innenausstattung sowie die vorderen Stoßstangen, die nun eine geänderte Kennzeichenblende und zusätzliche seitliche Halterungen haben.
Beim 220 S werden auch die hinteren Stoßstangen mit solchen zusätzlichen Halterungen versehen, und die vorderen Hörner durch die von den Coupés und Cabriolets bekannte größere Ausführung ersetzt. Darüber hinaus ist, analog zu den Vierzylindermodellen, die Kennzeichenbeleuchtung in die hinteren Stoßstangenhörner verlegt, so dass einer Montage der seinerzeit eingeführten breiteren Kennzeichenschilder nichts mehr im Wege steht.
Die beachtlichste Neuigkeit ist aber die Einführung der hydraulischautomatischen Kupplung „Hydrak“, mit der beide Modelle auf Wunsch ausgerüstet werden können. Im „Hydrak“ sind eine hydraulische Kupplung zum Anfahren, eine konventionelle Einscheiben-Trockenkupplung zum Ein und Ausrücken beim Gangwechsel sowie ein Freilauf zur Überbrückung der hydraulischen Kupplung miteinander kombiniert.
Im September 1958 wird das neue Sechszylindermodell Typ 220 SE präsentiert, das ab November zur Auslieferung kommt. Der intern W 128 genannte Typ entspricht weitestgehend dem 220 S, hat aber einen modifizierten Motor mit Benzineinspritzung. Bis auf die Gemischaufbereitung, die wie beim Typ 300 d über intermittierende Saugrohreinspritzung erfolgt, ist das 2,2-Liter Aggregat mit dem bewährten Motor des 220 S identisch, mobilisiert aber nun 115 PS (85 kW).
Beachtlich ist neben diesem Leistungszuwachs und den verbesserten Fahrleistungen bei niedrigerem Verbrauch allerdings auch der stattliche Mehrpreis von 1.900 DM. Auf Wunsch kann außerdem der Kupplungsautomat „Hydrak“ eingebaut werden, der jedoch mit weiteren 450 DM zu Buche schlägt. Der deutliche Mehrpreis und der kurze Produktionszeitraum von nur zehn Monaten machen den 220 SE mit 1.974 gebauten Exemplaren zum exklusivsten Typ der Baureihe.
Im August 1959 werden drei völlig neu konstruierte Sechszylindermodelle der Baureihe W 111 vorgestellt, die die Nachfolge der Typen 219, 220 S und 220 SE antreten. In fünfeinhalbjähriger Produktionszeit entstehen insgesamt 111 035 Sechszylinder-Limousinen mit Pontonkarosserie. Rein technisch gesehen, weisen auch die Nachfolgemodelle, wie alle anderen seither gebauten Mercedes-Benz Limousinen, eine Karosserie in Pontonform auf. Dennoch bleibt der Begriff „Ponton-Mercedes“ im heutigen Sprachgebrauch ausschließlich der ursprünglichen Modellgeneration vorbehalten.
Technische Daten des Mercedes-Benz W 180
Ottomotoren
Hubraum: 2,2 Liter
Leistung: 62,5 - 78 kW
Abmessungen:
Länge: 4670 - 4750 mm
Breite: 1740 - 1765 mm
Höhe: 1530 - 1560 mm
Radstand: 2700 - 2820 mm
Leergewicht: 1300 - 1450 kg
Produktionszeitraum: 1954 - 1959
Technische Daten des Mercedes-Benz W 128
Ottomotoren
Hubraum: 2,2 Liter
Leistung: 85 - 88 kW
Abmessungen:
Länge: 4670 - 4750 mm
Breite: 1740 - 1765 mm
Höhe: 1530 - 1560 mm
Radstand: 2700 - 2820 mm
Leergewicht: 1370 - 1470 kg
Produktionszeitraum: 1958 - 1960
Bilder von Mercedes-Benz W 128/180
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Fotos: © Daimler
Video von Mercedes-Benz W 128/180