Ferruccio Lamborghini war ein Mann vom Land und ein Liebhaber schneller Automobile, ein nüchterner Geschäftsmann und ein Visionär zugleich.
Ferruccio Lamborghini (1916 – 1993), der Gründer der Sportwagenmarke, gilt als eine der großen italienischen Unternehmerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und als Person mit vielen Facetten – ein Mensch, so faszinierend wie seine Autos.
Ferruccio Lamborghini kam am 28. April 1916 in dem ländlichen Ort Renazzo di Cento bei Modena auf einem Bauernhof zur Welt.
Schon als Junge an allen mechanischen Gegenständen brennend interessiert, absolvierte Lamborghini ein Ingenieursstudium an der Technischen Hochschule in Bologna.
Im Zweiten Weltkrieg war er beim Bodenpersonal der Luftwaffe auf der griechischen Insel Rhodos stationiert.
1946: Start als Unternehmer
Nach seiner Entlassung aus britischer Kriegsgefangenschaft eröffnete Lamborghini 1946 in der Nähe seines Heimatorts eine Werkstatt, in der er Traktor-ähnliche Gefährte aus ausgedienten Militärfahrzeugen zusammenmontierte – die Idee dazu soll ihm, so wird überliefert, bei seiner Hochzeitsreise gekommen sein.
Das Italien der Nachkriegsjahre – auch die stark agrarisch geprägte Region Emilia Romagna – litt unter einem gravierenden Mangel an Landmaschinen, und der ehrgeizige Lamborghini stürzte sich mit großer Willenskraft und Energie in sein neues Geschäft.
Aus der Werkstatt erwuchs 1949 eine Firma, die selbst entwickelte Traktoren mit Zwei-, Drei- und Vierzylinder-Dieselmotoren produzierte. Es handelte sich um modular aufgebaute Konstruktionen mit zahlreichen austauschbaren Teilen; 1954 ergänzte ein Motor mit Direkteinspritzung die Palette.
Die Lamborghini Tractori SpA zog in ein neues Werk um. In den späten 60er Jahren gehörte sie mit einem Ausstoß von 400 Fahrzeugen im Monat zu den größten Landmaschinenherstellern Italiens.
1960: Der Selfmade-Man steigt schnell auf
Nach einer Reise in die USA erweiterte Ferruccio Lamborghini 1960 sein Geschäftsfeld – die neu gegründete Bruciatori SpA fertigte Heiz- und Klimageräte für private und industrielle Zwecke. Auch dieses zweite Unternehmen florierte. Mit den Erträgen aus beiden Geschäftfeldern versuchte Lamborghini, sich einen Traum zu verwirklichen, den Bau von Hubschraubern. Für dieses Projekt versagte ihm jedoch die Regierung die Genehmigung.
1962 zählte Ferruccio Lamborghini 46 Lebensjahre – der Selfmade-Man war zu einem der reichsten Unternehmer Italiens aufgestiegen. Dabei stand der stämmige, vitale Mann mit beiden Beinen nach wie vor fest auf dem Boden. Seine Weggefährten und Mitarbeiter schätzten seine Intelligenz und sein offenes, fröhliches, manchmal rustikal-direktes Wesen.
Die Leidenschaft für schnelle Automobile
Lamborghini genoss seinen Erfolg und die schönen Seiten des Lebens – gutes Essen, gepflegte Wein und schnelle Autos. 1948 bereits hatte er sich auf der Basis eines getunten Fiat Topolino einen offenen Sportwagen aufgebaut und mit ihm am Straßenrennen Mille Miglia teilgenommen, das damals in Italien extrem populär war. Der Einsatz von Startnummer 427 endete jedoch bereits nach rund 600 Meilen – wie Lamborghini selbst berichtete „in einer Osteria, die ich mit dem Auto durch die Wand betrat.“
Die Geschichte, wie Ferruccio Lamborghini Ende 1962 beschloss, selbst Sportwagen zu bauen, ist oft und in vielen Varianten kolportiert worden; Mythos und Wahrheit haben sich in ihr untrennbar vermischt. Im Kern dürfte sie sich so zugetragen haben: Lamborghini besitzt eine Kollektion an starken Jaguar, Mercedes, Ferrari und Maserati, aber kein Auto stellt ihn ganz zufrieden. Mal genügt ihm der Komfort nicht, mal ist ihm die Lüftung zu schwach oder die Qualität zu gering, oder die Geräusche der Kraftübertragung erscheinen ihm zu hoch.
Auch mit der Verarbeitung seines neuen Ferrari 250 GT wird Lamborghini nicht glücklich. Er sucht um ein Gespräch bei Enzo Ferrari im nahe gelegenen Maranello nach, erhält aber eine Absage. Er lässt den GT von seinen Ingenieuren zerlegen und erkennt, dass viele der verwendeten Teile Standardware sind. Einen solchen Sportwagen könnte er selber sehr viel besser bauen, überlegt Lamborghini, und wenn er auf den teuren Motorsport verzichtete, würde er damit sogar ein neues, profitables Geschäftsfeld erschließen.
1963: Die Sportwagenmarke entsteht
Im Mai 1963 etablierte Ferruccio Lamborghini in Sant’Agata Bolognese seine eigene Automobilfirma, die Automobili Ferruccio Lamborghini S.p.A. Ihr Standort in der Kleinstadt zwischen Modena und Bologna war, typisch Lamborghini, mit Bedacht gewählt. Das hochmoderne Werk auf der grünen Wiese besaß auf 50.000 m2 Fläche reichlich Raum zum Wachsen, die Traktoren- und Heizungsfabrik war nicht weit entfernt. Und es lag mitten in der „Terra di Motori“, dem Land der Motoren mit dem Fabriken von Ferrari, Maserati oder Ducati – und jetzt auch Lamborghini.
Obwohl hier bereits ein hoch qualifizierter Stamm an Facharbeitern aus der Sportwagenbranche existierte, lag das Lohnniveau niedrig, weil die Region ansonsten als relativ strukturschwach galt. Lamborghini gab der Gemeinde eine Beschäftigungsgarantie für seine Arbeiter, im Gegenzug erhielt er einen langfristigen zinslosen Kredit. Der ungeduldige Chef machte beim Aufbau der Fabrik gehörig Druck, nach einem knappen Jahr war sie fertig.
Der angreifende Stier auf dem Firmenwappen zierte schon den ersten Lamborghini-Sportwagen. Der Firmenchef, selbst im Sternzeichen des Stiers geboren, liebte dieses Symbol – er sah in ihm einen Ausdruck seines vorwärtsdrängenden, mitunter ungestümen Charakters.
1964 entstand der legendäre Lamborghini 350 GTV, dessen Leistung die aller Ferraris bei Weitem übertraf. Damit nicht zufrieden, legte der als Perfektionist geltende Lamborghini noch einmal nach und präsentierte 1966 den ersten Lamborghini, der nach einer Kampfstierzucht benannt wurde, den Miura.
Dieser Wagen kratzte deutlich an der 300 Stundenkilometer Marke und muss die Konkurrenz aus Modena schön mächtig geärgert haben.
Von der Namensgebung wich Lamborghini nur noch einmal ab, beim Countach.
Bei diesem Modell soll das damals revolutionär geschneiderte Fahrzeug von einem Mitarbeiter betrachtet und beurteilt worden sein. Countach, zu deutsch Donnerwetter, der Name des neues Lamborghini war geboren.
So schön die Anekdoten um die Marke Lamborghini, so unschön entwickelten sich die Besitzstände an dem Unternehmen.
1972/73: Lamborghini zieht sich zurück
Dem fulminanten Erfolg der 60er Jahre folgte die Krise der 70er Jahre, die von einer flauen Konjunktur, von Streiks und von verschärften Vorschriften auf dem US-Markt ausgelöst wurde. 1972 scheiterte ein großes Traktorengeschäft, das mit der bolivianischen Regierung vereinbart war, im letzten Moment. Um sein Landmaschinenunternehmen zu stützen, verkaufte Ferruccio Lamborghini 51 Prozent der Anteile an der Automobilfirma an den Schweizer Georges-Henri Rossetti. Ein Jahr später stieß er die restlichen 49 Prozent an René Leimer, einen Kollegen Rossettis, ab.
So richtig Glück hatte jedoch niemand mit den Stieren, und so wechselte Lamborghini bis 1998 vier Mal den Eigentümer. Erst mit dem Erwerb durch die Audi Gruppe scheint Ruhe in das Unternehmen gekommen zu sein. Aktuell werden zwei Modelle gebaut, der Gallardo als Einstieg in die Lamborghiniwelt und der Murciélago als Topmodell. Beide Fahrzeuge werden sowohl geschlossen und als Cabrio angeboten. Da für viele Menschen der Lamborghini jenseits der Beherrschung, sowohl in Motorleistung als auch im Anschaffungspreis liegt, bietet sich als Alternative eine gute Flasche Lamborghini Wein an, er soll perfekt sein.
1993 starb Ferruccio Lamborghini, der für seine Verdienste zum “Commendatore” und zum “Cavaliere del lavoro” (Ritter der Arbeit) ernannt wurde, am 20. Februar an einem Herzanfall. Er wurde in seiner Heimatstadt Renazzo bestattet, ein Lamborghini-Traktor zog den Wagen mit seinem Sarg.
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