Automobile im Zeichen des Propellers - Geschichte von BMW
Erst 11 Jahre nach der Gründung der Bayrischen Motorenwerke im Jahre 1917 präsentierte sich die BMW AG so, wie sie heute selbstverständlich gesehen wird - als Automobilhersteller. Durch den Kauf der Fahrzeugfabrik Eisenach rollten 1928 die ersten Autos mit dem BMW-Propeller auf den Straßen. Bis dahin hatte sich das Unternehmen fast ausschließlich mit dem Bau von Flugzeugmotoren beschäftigt.
Franz Josef Popp, von 1917 bis 1942 Vorstandsvorsitzender der Bayrischen Motorenwerke, hatte dieses Unternehmensfeld geprägt. Popp, der zu Beginn des ersten Weltkrieges als Ingenieur zunächst bei der AEG und dann bei den Austro-Daimler-Werken in Wien verantwortlich für die Flugzeugmotorenproduktion war, wurde im September 1917 als Geschäftsführer der Rapp-Motorenwerke bestätigt, die dann in Bayrische Motorenwerke umfirmierte.
Nach dem ersten Weltkrieg suchte das Unternehmen nach neuen Geschäftsfeldern und weitete die Produktpalette um den Bau von Motorrädern aus. Das Erkennen der Motorisierung der Volksschichten bescherte BMW einen rasanten Aufstieg, die Übernahme der Fahrzeugfabrik Eisenach mit dem Produktsegment Automobile war da eine logische Konsequenz.
22. März 1929: Das erste Automobil war der Dixi 3/15 PS, ein in Lizenz nachgebauter Austin Seven. Kurzerhand mietete BMW eine Fabrikhalle des Karosserieherstellers in Berlin. Schon am 22. März 1929 verließen die ersten Dixi 3/15 PS DA 2 dieses Werk in der Nähe des alten Flugplatzes Berlin-Johannisthal und wurden für den späteren Versand an die BMW Händler eingelagert.
Es dauerte noch bis zum 9. Juli 1929, ehe BMW mit seinem ersten Automobil an die Öffentlichkeit trat. Eine feierliche Präsentation im neuen BMW Verkaufsgeschäft in Berlin Zentrum und eine ganzseitige Annonce in der Presse machen das neue Auto publik.
Der moderne Dixi 3/15 PS kommt beim Publikum gut an. Und er macht auch gleich Schlagzeilen: Auf Anhieb gewinnt BMW 1929 die Internationale Alpenfahrt, die fünf Tage lang über alle großen Pässe führt. Neben seiner Zuverlässigkeit spricht das Auto auch durch seine Sparsamkeit und den Preis immer mehr Käufer an: Mit sechs Litern Treibstoff/100 Kilometer ist
man auch damals schon wirtschaftlicher als mit der Bahn unterwegs und die
2 200 Reichsmark für die Basisversion können sogar per Teilzahlung abgestottert werden. Damit ist der BMW deutlich billiger als ein vergleichbarer Hanomag und liegt auf dem Niveau des damaligen Bestsellers, des Opel „Laubfrosch“.
Bis zum Frühjahr des Jahres 1930 vergrößerte BMW das Kleinwagenangebot durch weitere Varianten wie Zweisitzer Sport, zwei- oder viersitziges Kabriolett oder den „Eil-Lieferwagen“. Später kommen noch der 18 PS starke Sportwagen vom Typ „Wartburg“ und ein Coupé hinzu, 1931 fließen mit dem Serie DA 4 technische und optische Überarbeitungen in die Serie ein. Innerhalb kürzester Zeit hat es BMW damit geschafft, ein breites Spektrum an Kleinwagen für vielseitige Wünsche auf die Räder zu stellen. Bis zum Ende dieser ersten BMW Modellreihe im Frühjahr 1932 finden sich annähernd 16 000 Käufer, die dem kleinen BMW den Vorzug geben.
3/20 PS: Der erste echte BMW
1932 schlägt die Geburtsstunde des ersten echten BMW. Der 3/20 PS ist wieder als geschlossener Zweitürer, als offener Tourenwagen oder Kabriolett mit vier Sitzen zu haben. Der neue Wagen hat mit dem Dixi fast nichts mehr gemeinsam: Mit Doppelrohrrahmen, Pendelachse hinten und Einzelradaufhängung vorne bietet er ein Fahrgefühl wie ein großes Auto. Innerhalb von rund einem Jahr ist mit dem 3/20 PS nicht nur ein neuer Wagen, sondern auch ein neuer Motor entstanden. In Eisenach hatte man sich voll auf den Automobilbau konzentriert, während München für den Vierzylinder zuständig war. Die neue, 20 PS starke Maschine mit 782 cm³ Hubraum hat hängende Ventile und läuft deutlich leiser als ihr englischer Vorgänger. Die neue Karosserie bietet außerdem mehr Komfort. 7 215 Einheiten werden gefertigt, gleichzeitig allerdings denkt man in München und Eisenach über einen Wagen nach, der mit mehr Leistung für mehr Umsatz sorgen soll.
1933 dann erscheint mit dem BMW 303 der Urvater einer langen und ruhmreichen Tradition von BMW Sechszylindern. Als erstes Automobil trägt der 303 die charakteristische Niere als Kühlergrill. Der völlig neu entwickelte 1,2 Liter Reihenmotor erweist sich als extrem leise laufendes, bulliges Aggregat, das 30 PS entwickelt und den Viersitzer bis zu 90 km/h schnell macht.
Der 303 bietet allerdings zu wenig Hubraum, um BMW in höhere Klassen zu positionieren. Deshalb vergrößert man den 1,2 Liter zuerst auf 1,5, später auf 1,9 Liter und 45 PS. Damit ist der 3,90 m lange 319 geboren. Er hat schon eine automatisch arbeitende Kühlerjalousie und hydraulische Teleskopstoßdämpfer. Der Motor glänzt wiederum durch hohe Laufruhe, geringe Vibrationen und gute Durchzugskraft.
Während die Autos publikumswirksam Preise und Pokale gewinnen, besinnt sich BMW auf sein ursprüngliches Kerngeschäft, den Flugmotorenbau. 1934 wird die BMW Flugmotorenbau GmbH gegründet, die bald in München und Eisenach Triebwerke für die Luftfahrt herstellt.
Auch den Motorradbau perfektionierte BMW mehr und mehr, mit der R 12 und der R 17 bot BMW im Jahr 1935 weltweit erstmals Motorräder mit hydraulisch gedämpften Teleskopgabeln an und revolutionierte so den Motorradmarkt.
1936 stieg BMW in den Motorsport ein, mit dem BMW 328 gelang Ernst Henne am 14. Juni auf dem Nürburgring auf Anhieb der Sieg in der 2-l Klasse.
„Unheimliches holte Henne aus seinem neuen 2 Liter. Welch prachtvolle Beschleunigung! Er schießt davon, die lange Gerade hinunter und hinein in die Kurven und Kehren des Rings...
der Sportwagen ist schneller als die gesamte Kompressor-Konkurrenz! Weit überlegen geht Henne als Sieger durchs Ziel...“. Was die „Motorwelt“ so euphorisch beschreibt, ist das Ergebnis einer Blitzentwicklung. Die Konstrukteure, Mechaniker und Gestalter der BMW Entwicklung in München hatten wenig Zeit und Geld gehabt, diesen Sportwagen zu verwirklichen.
Ernst Henne im ersten BMW 328 Prototyp vor dem Start zum Eifelrennen 1936
Man musste sich auf das Wesentliche beschränken und vielleicht liegt darin das Geheimnis des Erfolgs. Binnen kurzer Zeit dominiert der BMW 328 seine Klasse auf unerhörte Weise, selbst deutlich leistungsstärkere Konkurrenten werden nicht selten deklassiert. 80 PS in der Serienversion bei nur 830 kg Gewicht verhelfen dem eleganten Roadster zu beeindruckender Kraftentfaltung.
1937 konstruierte BMW bereits Fahrzeuge nach Messungen im Windkanal. Dennoch blieb das Hauptbetätigungsfeld weiterhin der Flugzeugmotorenbau. Kurz vor Beginn des Krieges erwirbt BMW 1939 die zum Siemens-Konzern gehörenden Brandenburgischen Motorenwerke in Berlin-Spandau, die auf eine lange Tradition im Flugmotorenbau zurückblicken können. Die Geschäfte laufen gut, zum 25-jährigen Firmenjubiläum kann die BMW AG eine durchschnittliche Dividende von 7,5 Prozent
seit Bestehen der Gesellschaft vermelden. Die unstillbare Nachfrage der Luftwaffe führt 1940 zu einer Kapitalerhöhung der BMW AG um 7,5 Millionen Reichsmark auf 22,5 Millionen RM. Die volle Summe fließt in die BMW Flugmotorenbau GmbH.
BMW ist praktisch nur noch ein reiner Rüstungsbetrieb, Autos und Motorräder sind ausschließlich zur Kriegswirtschaft, allenfalls noch für den Export bestimmt. In den Werken München, Berlin und Eisenach werden bis 1945 zehntausende von Flugmotoren gebaut, darunter mit dem Jet-Antrieb 003 eines der ersten serienmäßig hergestellten Strahltriebwerke der Welt. Das Strahltriebwerk wurde in dem Fernaufklärer Arado 234 1944 erstmals eingesetzt.
1945: BMW hat praktisch aufgehört zu existieren
„Durch das Kriegsende fand die gesamte Fertigung des Unternehmens ihr Ende, ohne dass Unterlagen für eine Friedensfertigung vorlagen.“
Der erste Satz im Bericht des Generaltreuhänders und des Vorstandes der BMW AG wird erst 1949 geschrieben – so lange dauert es, bis das Jahr 1945 überhaupt bilanziert werden kann. Bereits einige Tage vor der Kapitulation versucht die BMW Leitung, mit einer Notbelegschaft Zerstörungen und Plünderungen zu vermeiden. Die verbliebenen BMW Mitarbeiter beginnen sofort mit Räumungsarbeiten und halten sich mit Reparaturaufträgen für Handel und Industrie über Wasser. Am 2. Oktober 1945 beschlagnahmt die US-Militärverwaltung das gesamte BMW Vermögen und erklärt das Unternehmen zum Reparationsbetrieb. Der gesamte Vorstand muss gehen. Der eingesetzte Treuhänder ordnet weisungsgemäß die sofortige Einstellung aller Arbeiten an und beginnt mit dem Abbau von Maschinen und Einrichtungen. In Berlin demontieren die Sowjets die gesamte technische Einrichtung der Spandauer Flugmotorenwerke. Das Werk Eisenach wird enteignet und später in die Awtowelo umgewandelt. Die BMW AG schließt das Jahr 1945 mit einem Verlust von 20 Millionen Reichsmark ab. BMW hat praktisch aufgehört zu existieren.
1948: Mit der R 24 in die D-Mark.
Während beispielsweise Daimler Benz 1946 bereits wieder die Produktion des Modells 170 V aufnehmen darf, bleibt BMW bis 1948 paralysiert.
Dann lockern die amerikanischen Behörden ihre restriktive Haltung und erlauben die Herstellung eines neuen Motorrades. Die R 24 steht im März 1948 auf dem Genfer Automobilsalon als erstes Nachkriegsprodukt der BMW AG. Die Einzylinder-Maschine mit Kardanantrieb kommt derart gut an, dass innerhalb weniger Tage rund 2 500 Bestellungen in München vorliegen. Und das, obwohl kein Liefertermin genannt werden kann. Erst am 17. Dezember, ein halbes Jahr nach der Währungsreform in Deutschland, wird die erste R 24 in einer feierlichen Zeremonie fertiggestellt. Am Ende des Jahres kann die BMW AG immerhin einen Umsatz von 4,2 Millionen DM bilanzieren. Die Einnahmen schießen in den folgenden Jahren förmlich nach oben.
1949 fließen rund 20 Millionen DM in die Münchner Kassen, 1950 springt der Umsatz auf 36,5 Millionen DM. In diesem Jahr werden 732 000 Führerscheine ausgegeben. Das lässt erkennen, wie sehr die Deutschen nach Mobilität streben. Der Liter Benzin kostet 60 Pfennig, Diesel 32. 1951 steigt der BMW Umsatz auf 57,5 Millionen DM. Von gerade mal 126 Werkzeugmaschinen 1948 vervielfacht sich der Bestand auf 1405 Stück. Das darauf produzierte Modellprogramm umfasst 1952 die einzylindrige R 25/2 und die neuen R 51/3, R 67/2 und R 68 jeweils mit Zweizylinder-Boxermotor.
1951 dann das erste in München gebaute Automobil, da das Eisenacher Werk unter sowjetischer Verwaltung stand. 1952 wurde mit der Serienfertigung begonnen. Der BMW 501, als Barockengel bezeichnete Wagen, war eine Luxuslimousine mit dem ersten V8 Leichtmetallmotor der Welt. Die Beurteilung dieses auf alter Tradition aufbauenden Fahrzeuges scheint sich überaus günstig zu gestalten“. Das jedenfalls teilt der Vorstand den Aktionären mit. Durch die Demontage der Münchner Werke errechnen die BMW Buchhalter einen Gegenwartsschaden von rund 100 Millionen DM. Weil die eigenen Mittel knapp sind, soll die Automobilfabrik in mehreren Stufen ausgebaut werden. Ende 1953 will man diese Periode abschließen. Dann, so hofft der Vorstand, dürfte mit der Auto- und Motorradfertigung „wieder die Grundlage für die Zahlung einer Dividende gewonnen sein“.
Ab 1954 wurden im Werk Allach auch wieder Flugzeugmotoren gebaut. Im Automobilbau erzielte BMW im Jahr 1955 einen ganz großen Wurf. Isetta hieß das eiförmige Motocoupé, mit Platz für Zweieinhalb und munteren 12 PS im Heck. Die - einzige - Tür ging nach vorne auf und die Hinterräder standen nicht einmal halb soweit auseinander wie die vorne - kein BMW vorher oder nachher war je so unverwechselbar.
Fahrer und Passagier nahmen bequem Platz, zogen die Tür vor sich zu - und mit ihr das Lenkrad plus Armaturen. Geschaltet wurde - überaus sportlich - links mit einem kleinen Knüppelchen, so einen Sidestick hatte grade mal ein Formelrennwagen. Mehr als 160.000 verkaufte Isettas legten den Grundstein für BMWs erfolgreiche Automobilproduktion und ist ein Inbegriff des Wirtschaftswunders. Doch
Die Isetta - Inbegriff des Wirtschaftswunder war keine. Eigenproduktion sondern ein Lizenzbau des italienischen Herstellers Iso, die BMW Isetta traf genau in einen Markt der Wiedermotorisierung und wurde zum Inbegriff des Wirtschaftswunders
1955: Zeitlose Eleganz - BMW 507 & 503
1955 präsentierte BMW mit dem 507 einen Sportwagen in zeitlos elegantem Design. Damit hatte niemand gerechnet: „BMW hat sogar die Italiener geschlagen“, frohlockte ein Fachmagazin zur Premiere des Sportroadsters BMW 507. Dabei war der Designer ein Deutscher. „Der Leichtbau V-Achtzylinder von BMW dürfte die bisher glücklichste Synthese der Automobilbau-Kunst diesseits und jenseits des großen Teichs sein“, hieß es über das Triebwerk: Auch dieser erste in Serie gebaute Aluminium-Achtzylinder der Welt kam aus Deutschland. Der 507 trug ein völlig neues, aber dennoch eindeutiges BMW Gesicht. Die Doppelniere, in den ersten Entwürfen nicht vorgesehen, war statt hoch jetzt breit und schwang sich zwischen den Scheinwerfern elegant über die gesamte Wagenfront. Lang gestreckte Seitenlinien, ein geschwungener Aufbau und eine nicht enden wollende Motorhaube bestimmten das zeitlos schöne Design dieses Traumautos. Charakteristisch waren die seitlichen Lufteinlässe hinter den Vorderrädern, in denen das weißblaue Markenzeichen prangte.
Während in München die Entwicklungen für den 507 aufgenommen wurden, entstand ein weiteres Coupe, entworfen von Graf Goertz, der BMW 503. Der Zweitürer trat gleich als Coupé und als Cabriolet auf und war in eine ebenso elegante wie moderne Pontonkarosserie gekleidet. „Kein Protz, sondern edle Rasse
hinter beinahe bescheidenen Formen, die ein Äquivalent zum herrlichen Achtzylindermotor bilden“, wurde dem Debütanten anerkennend bescheinigt.
Keine B-Säule störte die Linienführung und die vier Seitenscheiben ließen sich vollständig versenken. Durch die schmale C-Säule dominierte insbesondere bei geöffneten Scheiben der Eindruck höchster automobiler Eleganz. Die unterschiedliche Zielrichtung der beiden neuen BMW Modelle ließ sich allein schon an der Form der markentypisch nierenförmigen Kühlermaske erkennen: Der 503 gab sich eher konservativ und trug, wie die 501/502 Limousinen, noch das vertikal ausgerichtete Doppel-Oval vorneweg. Dem 507 stand dagegen die revolutionär neue, horizontale Variante, bei der sich die Niere praktisch über die gesamte Fahrzeugbreite zwischen den Scheinwerfern ausbreitete, perfekt zu Gesicht.
1955: BMW kurz vor dem Aus
Zwar kommen die neuen V8-Automodelle (BMW 501 & 502) 1955 hervorragend an, aber 4 567 verkaufte Wagen reichen am Ende des Jahres nicht, um in die Gewinnzone zu kommen. Und die Isetta, mit der man ab 1954 versucht den Rückgang im Motorradgeschäft aufzufangen, erreicht die Rentabilitätsschwelle auch erst um die Jahreswende 1955/56. Dabei boomt die Kraftfahrzeugindustrie: Um ein sattes Drittel steigt 1955 die Produktion in Westdeutschland.
Verzweifelt versucht man, mit neuen Modellen auf den fahrenden Zug aufzuspringen: Der BMW 600 soll die Nachfrage nach einem viersitzigen Auto vorübergehend decken. Doch der 600 erweist sich als Fehlgriff, die Kunden lehnen den Fronteinsteig ab. Der Umsatz der V8-Modelle ist stabil, reicht aber bei weitem nicht aus. Das Modellprogramm soll in zwei neue Baureihen gestrafft werden, den Kleinwagen 700 und ein noch in Entwicklung befindlicher 1,6 Liter-Mittelklassewagen. Der BMW 700 hat das Zeug zum Erfolg, ist aber noch nicht in Produktion. Um die Verluste auszugleichen muss BMW ein Grundstück in Berlin-Spandau verkaufen – fast die Hälfte der Werksfläche. Auch die junge Tochter BMW Triebwerkbau in München-Allach fährt nur Verluste in Millionenhöhe ein. Während die deutsche Autoproduktion 1959 durchschnittlich um rund 15 Prozent wächst muss der Vorstand eingestehen: „Wegen Fehlens eines tragfähigen Fertigungsprogramms konnte unsere Gesellschaft an dieser Entwicklung nicht teilnehmen.“
Im Januar und Februar wird Kurzarbeit angeordnet, im Juni folgen Entlassungen. Als der Vorstand am 9. Dezember 1959 um 11 Uhr die Hauptversammlung für die Bilanz 1958 auf der Münchener Theresienhöhe eröffnet, haben sich die Geschäftsverluste seit 1954 laut Bilanz auf rund 49 Millionen DM summiert. Die Produktion ist unrentabel und nicht konkurrenzfähig. BMW ist ein Sanierungsfall. Und die soll – kurz gesagt – durch einen Verkauf an die Daimler-Benz AG durchgeführt werden. Ein zeitlich befristetes Kaufangebot liegt bereits auf dem Tisch. Zwei Aktionärsvertretern gelingt es jedoch, eine Ablehnungsfront zu erzeugen: Sie zeigen auf dass für den neuen BMW 700 schon über 30 000 Bestellungen vorliegen. Außerdem weisen sie dem Vorstand eine Bilanzierung zuungunsten des Unternehmens nach: Die Entwicklungskosten für den BMW 700 wurden in nur einem Jahr abgeschrieben, was den Verdacht erweckt, dass die roten Zahlen insgesamt nicht stimmen. Jetzt genügen zehn Prozent des vertretenen Aktienkapitals, um die Aktionärsversammlung zu vertagen. Die Sperrminorität kommt zusammen. Das Ultimatum aus Stuttgart verstreicht, BMW bleibt erhalten.
Das Engagement beeindruckt Herbert Quandt, einen der Großaktionäre der BMW AG. Nach sorgfältiger Prüfung der Bücher und Gesprächen mit dem Betriebsrat übernimmt er größere Teile des BMW Kapitals. Der Weg in die Zukunft ist frei.
1959 erschien mit dem BMW 700 das erste Automobil mit selbsttragender Karosserie. Spätestens aber mit dem BMW 1500 hatte sich BMW als einer der führenden Automobilhersteller Deutschlands etabliert. Diese Entwicklung führte dazu, dass sich BMW 1965 aus dem Flugzeugmotorenbau zurückzog.
1960: Die 60er Jahre: Der Umsatz versechsfacht sich!
Von 1960 bis 1969 steigt die Wagenproduktion von 52.000 auf 148.000 um fast das Dreifache, der Umsatz von 239 Millionen auf 1,5 Milliarden um mehr als das Sechsfache. Die Belegschaft wird von 7.000 auf 21.000 Mitarbeiter verstärkt. Im gleichen Zeitraum wächst die Verkaufsorganisation von 1.600 auf knapp 4.000 Vertragspartner im In- und Ausland. Das um die neuen Sechszylinder-Limousinen und Coupés erweiterte Modellprogramm beschert dem Unternehmen neue Produktions- und Absatzrekorde. Grundlage für den Erfolg der BMW Automobile ist die von Verkaufsvorstand Paul G. Hahnemann und dem Meinungsforscher Bernt Spiegel entwickelte „Nischentheorie“.
Mit ihr kehren die im Vorkrieg entwickelten markentypischen Merkmale wie Sportlichkeit und Dynamik bei kompakten Ausmaßen in das BMW Programm zurück. Darüber hinaus kommt eine neue Vertriebsstrategie zum Tragen. Zum ersten Mal seit Einstieg in die Automobilproduktion verfügt BMW über ein internationales Exklusivhändlernetz.
Der BMW 1600, der 1966 erschien, war Basis für die sehr erfolgreiche 02 Reihe, die bis 1977 gebaut wurde. Parallel dazu belegte BMW bereits ab 1968 auch das Segment der Luxuslimousinen, Mit dem BMW 2500 und 2800 wurde die Oberklasse versorgt. Das Spitzenmodell dieser Baureihe, der 3.0 csl sorgte nicht nur auf der Straße für Aufsehen, sondern wurde auch erfolgreich im Motorsport eingesetzt.
Auf den immer rückläufiger werdenden Motorradmarkt reagierte BMW frühzeitig und erkannte das Motorrad als Freizeitfahrzeug. Sinn dieser Motorräder war nicht mehr die günstige Art der motorisierten Fortbewegung, sondern der Fahrspaß. Nachdem 1969 nur knapp 5.000 Maschinen verkauft werden, bringt das Jahr 1970 mit den neuen Modellen R 50/5, R 60/6 und R 75/5 die Wende. Die Motorradproduktion steigt auf über 12.000 Maschinen, schon zwei Jahre später sind es mehr als 21.000.
1972 wurde mit der Einführung der 5er Baureihe ein weiterer Meilenstein in der Automobilgeschichte des Unternehmens gelegt.
„Der neue Zweiliter-Vierzylinder-Wagen der Bayerischen Motoren Werke trägt, abweichend von der bisherigen Typenbenennung, die Modellbezeichnung BMW 520 (sprich: fünf-zwanzig). Dabei kennzeichnet die erste Ziffer den Wagentyp, die zweite und dritte den Motorhubraum.“ Mit dieser Erklärung wird auf der IAA 1972 eine neue BMW Automobilgeneration vorgestellt – die 5er Reihe.
Das Erscheinungsbild der beiden zunächst gezeigten Modelle BMW 520 und BMW 520i prägt eine neue Formensprache: Große Fensterflächen und tiefe Gürtellinie sind die auffälligsten Merkmale der neuen Form mit den typischen Doppelscheinwerfern. Im Cockpit dominiert eine auffallend strenge Funktionalität.
BMW hat damit einen Stil kreiert, der Jahrzehnte überdauern soll und die Marke unverwechselbar macht. Die neuen Modelle werden hervorragend aufgenommen, und wie üblich wächst bei der leistungsorientierten BMW Klientel schnell der Wunsch nach weiteren, noch kraftvolleren Modellen. So vergeht letztlich nur ein Jahr, ehe BMW in Gestalt des BMW 525 den ersten 5er mit Sechszylindermotor auf den Markt bringt. Mit dieser ersten Generation der 5er Reihe, die 1982 ausläuft, kann BMW die Produktion von Automobilen in dieser Klasse mehr als verdoppeln, wobei über die Hälfte aller 5er in den Export geht.
Die BMW 3er-Rehe - Die meist verkaufte Modellreihe
Die BMW 3er-Reihe folgte 1975 - Mit ihr tritt ein gänzlich neues Automobil an, technisch eine Weiterentwicklung der 02-Reihe, optisch eindeutig verwandt mit der 5er-Reihe und doch völlig eigenständig. Charakteristisch für den neuen Zweitürer ist die ausgeprägte Keilform, die von der Öffentlichkeit anfangs kontrovers diskutiert wird. Auch der Innenraum ist völlig neu: Das Cockpit-Design feiert Premiere, jene zum Fahrer hin abgewinkelte Mittelkonsole, lange Jahre typisch für das BMW Interieur. Bereits 1976 wählen die Leser von Europas größtem Automagazin den BMW 320 als beste Limousine der Welt in der Klasse bis zwei Liter Hubraum.
Der Dreier läuft dem 02 den Rang ab. In jeglicher Beziehung: Im Mai 1981 rollt der ein millionste Dreier vom Band. Er ist damit der erfolgreichste BMW aller Zeiten.
1976: Die großen Coupés: 6er und 8er
Mitte der 70er sind die wilden Jahre der legendären BMW Renn-Coupés vorbei und BMW präsentiert 1976 mit seiner 6er-Reihe ein elegantes, zurückhaltend gestaltetes Oberklasse-Coupé, das es während seiner gesamten Produktionszeit ausschließlich mit Sechszylindermotoren zu kaufen gibt. Mit einer Außenlänge von 4,75 Meter und einem feudalen Innenraumangebot, das auch im Fond mit zwei Schalensitzen hohen Fahrkomfort ermöglicht, ist 630 CS und 633 CSi mitsamt ihren Nachfolgern ein außergewöhnlicher Verkaufserfolg beschieden: Bis zum Produktionsende 1989 werden mehr als 86 000 Exemplare verkauft. Nie zuvor war ein BMW Coupé erfolgreicher gewesen.
Der folgende 8er ist zwischen 1989 und 1999 mit mehr als 31000 verkauften Einheiten ein weiterer technologischer Meilenstein in der BMW CoupéGeschichte: Seine 8- und 12-Zylinder Motoren katapultieren den 8er locker auf bis zu 250 Stundenkilometer und ermöglichten dem exklusiven Kreis seiner Liebhaber ein bis dahin unerreicht genussvolles Dahingleiten.
Die Geburt des neuen Flaggschiffes - Die BMW 7er Reihen
1977 bekommt die Große Klasse von BMW einen Nachfolger, der zum Stammvater der Top-Baureihe wird: Der erste 7er. Die Limousine nimmt die neue, vom 6er-Coupe eingeleitete BMW Design-Linie auf und verbindet ein ausgesprochen repräsentatives Äußeres mit einer großen Anzahl einfließender technischer Innovationen. Die Kunden können anfangs zwischen drei Modellen mit 2,8 Liter und 170 PS, 3,0 Liter mit 184 PS und 3,2 Liter mit 197 PS wählen.
Flaggschiff der ersten 7er Reihe wird freilich der 1980 präsentierte 745i, mit einem 252 PS starken turbogeladenen Sechszylindermotor. Die zweite und dritte Ziffer, die bisher Hinweise auf den Hubraum des Motors gegeben hat, symbolisiert hier die Gleichwertigkeit mit einem 4,5 Liter-Saugmotor. In der Tat sorgt der 3,2 Liter-Turbosechszylinder für Fahrleistungen, die im Limousinenbereich ihresgleichen sucht.
1978: Ein Rennwagen für die Straße: Der BMW M1
Während der 6er debütiert, arbeiten die Ingenieure unter großer Geheimhaltung an der Entwicklung eines eigenständigen BMW Sportfahrzeugs, das 1978 für weltweites Aufsehen sorgt: Der BMW M1. Das Hochleistungs-Coupé ist das erste Produkt der BMW Motorsport GmbH. 1979 wird der M1 als Sportgerät in der für ihn geschaffenen ProCar-Serie im Rahmenprogramm der Formel 1 in ganz Europa vorgestellt.
Die Mittelmotor-Flunder wird von einem 3,5 Liter großen Reihensechszylinder angetrieben, der längs vor der Hinterachse montiert ist und in der käuflichen Straßenversion 277 PS an der Hinterachse abliefert. Schon im Stand strahlt der M1 überlegene Dynamik aus. Werte von weniger als 6 Sekunden für den Sprint von 0–100 km/h und kaum mehr als 20 Sekunden von 0–200 km/h erreichen zu der Zeit nur eine Handvoll Automobile weltweit. Das Fahrwerk, konzeptionell auf die 470 PS starken Gruppe 4-M1 ausgelegt, verkraftet problemlos Brems-, Beschleunigungs- und Querbeschleunigungskräfte wie sie im Rennbetrieb auftreten.
Obwohl er ein Sportwagen par excellence ist, dürfen sich Fahrer und Beifahrer durchaus eines gewissen Komforts erfreuen. So ist die Federung zwar straff, dennoch absorbiert sie auch die unebenen Fahrbahnoberflächen ohne allzu starke Nehmerqualitäten von den Insassen zu verlangen. Dabei sitzen die in dem Gitterrohrrahmen aus Stahl-Rechteckprofilen mit der verklebten und vernieteten Kunststoff-Außenhaut wie in einer Trutzburg, von Verwindung keine Spur. Der Kofferraum unter der Fronthaube reicht für das Wochenendgepäck von zwei Personen aus und selbst auf eine Klimaanlage muss man nicht verzichten.
1986: Unschlagbarer Tourensportler: Der BMW M3
Kaum ist die Ära des M1 zu Ende, schlägt 1986 die Geburtsstunde des BMW M3. Der kompakte Zweitürer stellt für BMW die erste konsequente Parallelentwicklung von Serie und Motorsport dar: Die Straßenversion – sie muss zur Anerkennung als Tourenwagen innerhalb eines Jahres in 5 000 Exemplaren verfügbar sein – wird von Anfang an renntauglich konzipiert und dem Reglement der Gruppe A förmlich auf den Leib geschneidert. Das Ergebnis ist für BMW triumphal. Vom Start weg räumt der schneeweiße Renner in den BMW Motorsport-Farben Siege, Trophäen und Titel ab.
1987 gewinnt der Italiener Roberto Ravaglia mit dem M3 die Tourenwagen-Weltmeisterschaft – der erste und einzige Welttitel, der in dieser Fahrzeugkategorie vergeben wird. Die 195 PS starke Hochleistungslimousine mit Vierzylinder-Vierventilmotor und serienmäßigem Katalysator stellt die Weichen für den zukünftigen Motorsport. In den folgenden fünf Jahren führt der M3 die internationale Tourenwagen-Rennszene souverän an, er wird zum erfolgreichsten Tourenwagen. Aber auch als Straßenfahrzeug erreichte er ungeahnte Absatzzahlen. Vom ersten M3 werden mehr als 17 100 Exemplare verkauft. Aufgrund des großen Erfolgs dieses sportlichsten BMW 3ers nimmt es nicht Wunder, dass BMW auch bei den späteren BMW 3er Reihen das Thema M3 neu interpretiert.
In den 90er Jahren suchte BMW nach neuen Marktsegmenten und kaufte aus diesem Grunde die britische Rover-Gruppe und Rolls Royce, letztere durfte BMW allerdings erst ab 2003 nutzen und musste bis dahin mit ansehen, wie VW den Inbegriff der eleganten Luxuslimousine baute. Der Rover Kauf entwickelte sich zu einem Flop, so dass BMW das Unternehmen wieder abstieß. Doch auch im eigenen Konzern wurden immer wieder Nischen gesucht und gefunden. So wurde bereits 1988 der Roadster in Form des Z1 wieder belebt. Der Z3 folgte 1995 und setzte sich sehr erfolgreich als relativ günstiger Roadster am Markt durch. Zur Jahrtausendwende gönnte sich BMW dann mit dem Z8 eine Hommage an den Beginn der Roadstergeschichte bei BMW, des 507.
1994 Um zum Full-Line Anbieter zu werden und schnell in den bisher durch die Marke BMW nicht besetzten Marktsegmenten vertreten zu sein, kauft BMW den größten britischen Automobilhersteller Rover Group und startet ein umfassendes Modernisierungsprogramm der Werke und der Produkte der Marken Rover, Land Rover, MG und Mini.
1998 erwirbt BMW die Rechte am Namen Rolls-Royce für Automobile und wird diese, wie mit der Volkswagen AG vereinbart, ab dem Jahr 2003 aktiv nutzen. In der Zwischenzeit wird ein komplett neues Rolls-Royce Modell entwickelt und ein neuer Stammsitz samt Werk im süd-englischen Goodwood gebaut.
Ab 1999: Die BMW X-Familie
1999 engagiert sich BMW ein weiteres Mal als Pionier und konzipiert mit dem X5 eine neue Fahrzeugklasse. Der vierradgetriebene Newcomer definiert das neue Marktsegment des Sports Activity Vehicle (SAV), das die sportlich-komfortablen Eigenschaften einer typischen BMW Limousine um weitreichende Fähigkeiten abseits der Straße ergänzt.
Er ist mit 1,72 Meter weitaus höher als alle anderen BMW Fahrzeuge, so breit wie ein 7er, aber deutlich kürzer als ein 5er. Innenraum und Fahrwerk setzen insbesondere im Komfort völlig neue Maßstäbe für geländegängige Autos. Der viertürige X5 wird im BMW Werk Spartanburg/South Carolina gebaut und kommt Herbst 1999 mit Sechszylinder-Reihenmotoren und V 8-Triebwerk auf den Markt.
2003 erweitert BMW die erfolgreiche X-Familie: Der neue BMW X3 vereint die herausragende Agilität eines typischen BMW mit dem breiten Einsatzspektrum eines Sports Activity Vehicles (SAV). Zum ersten Mal kommt mit dem X3 ein Premium Angebot in der Klasse der SAVs unterhalb des X5
auf den Markt.
2000 Die BMW Group beendet ihr Engagement bei Rover. Rover und MG werden an die britische Investorengruppe Phoenix verkauft, Land Rover an die Ford Motor Company. Die Marke MINI verbleibt im Konzern. Die BMW Group richtet sich neu aus: Die Konzentration gilt künftig ausschließlich den Premium-Angeboten der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce.
Im Mai 2002 erfolgt der Spatenstich für das neue Werk Leipzig. Damit bleibt die BMW Group am Standort Deutschland aktiv und baut die Produktionskapazität weiter aus. Ab 2005 sollen täglich bis zu 650 Einheiten des BMW 3er produziert werden. Mit der Fertigstellung der wichtigsten Produktionsbereiche des „state of the art“ Firmensitzes für Rolls-Royce Automobile beginnen Spezialisten mit dem Bau der ersten, in Goodwood/ Großbritannien in Handarbeit entstehenden Luxuslimousinen der Marke Rolls-Royce. Der neue MINI bekommt sein Aushängeschild: Mit dem im Frühsommer in den Verkauf gegangenem MINI Cooper S bekommt der Kunde 362 Zentimeter reinen Fahrspaß.
Am Ende des Jahres 2003 meldet die BMW Group wiederum einen Absatzrekord: mit über 1,1 Millionen verkauften BMW, MINI und Rolls-Royce übertrifft das Unternehmen das Vorjahresergebnis um 4,5%. Auch der Absatz im Motorradgeschäft steigt leicht um 0,4%. Ein wichtiges Zeichen setzt die BWM Group auch auf dem Arbeitsmarkt: 2003 wurden weltweit mehr als 3 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Alle Bilder im Großformat:
Mit einem Klick auf ein Bild öffnet sich die Galerie
Fotos © BMW AG