Unter der Regie von Fritz Fiedler und Rudolf Schleicher wird bei BMW Mitte der 30er Jahre ein neuer Sportwagen der 2-Liter-Klasse entwickelt. Dieses Automobil soll zum einen international wettbewerbsfähig sein, zum anderen ist es aber auch als leistungsstarker Gebrauchswagen für die besser betuchte Kundschaft ausgelegt.
Der Wagentyp BMW 328, so die Bezeichnung, unter der er später zur Legende wird, hat seine Premiere nicht wie üblich auf einem Automobilsalon, er wird der Öffentlichkeit am 14. Juni 1936 bei einer Rennsportveranstaltung präsentiert. Ort des Geschehens ist der Nürburgring. Und als wäre die Präsentation eines neuen Wagens nicht schon Sensation genug, überrascht BMW die Zuschauer auch mit dem Fahrer: Am Steuer sitzt der Weltrekordmann Ernst Henne, seit seiner Mercedes-Zeit mit Ausnahme des vorjährigen Kesselbergrennens ohne Start bei Automobilrennen. Und mit Ausnahme einiger Trainingsrunden auf Mercedes und der mittlerweile schon mehrere Jahre zurückliegenden Motorradrennen hat Henne auch keine Erfahrung auf dem Nürburgring, immerhin eine Strecke, die sich später ob ihrer Gefährlichkeit mit dem zweifelhaften Beinamen „Grüne Hölle“ schmücken darf.
Henne wird der einzige BMW 328 des Starterfelds, ein in der klassischen deutschen Rennfarbe weiß lackierter Prototyp, anvertraut, während die übrigen BMW Fahrer der Zwei-Liter-Klasse mit dem bekannten Typ 319/1 in das Rennen gehen.
Henne enttäuscht weder die BMW Verantwortlichen noch die 250.000 Zuschauer, die dem Rennen beiwohnen. Vom Start weg zieht er souverän seine Runden und hat bald die vor ihm gestarteten Kompressorwagen eingeholt. Er gewinnt nicht nur die Zwei-Liter-Klasse ohne Kompressor, mit einem Schnitt von 101,5 Kilometern erzielt er an diesem Tag die beste Zeit aller gestarteten Sportwagen. Die Massen sind begeistert und die Fachpresse überschlägt sich mit Lob, wobei sich die Anerkennung für den „Motorrad-Weltrekordmann“ und den neuen Sportwagen die Waage hält. Zwei Wochen später startet Henne beim Großen Preis von Frankreich auf der Höchstgeschwindigkeitsstrecke von Montlhéry. Der neue Wagen hält der Dauerbelastung jedoch nicht stand, und Henne scheidet ebenso wie die beiden anderen gestarteten BMW 328 bereits sehr früh aus. Die Fehler sind relativ schnell gefunden, und ab der Saison 1937 wird der Typ BMW 328 die Sportwagenszene dominieren.
Und wieder ist es Ernst Henne, der zwei spektakuläre Siege beisteuert: Am 16. Mai gewinnt er beim belgischen Grand Prix des Frontières in Chimay vor Ralph Roese und Herbert Berg, beide ebenfalls auf BMW, die Zwei-Liter-Klasse der Sportwagen. Am 30. Mai siegt er dann beim Großen Preis von Bukarest. Ein Schnitt von über 140 km/h bedeutet den Gesamtsieg bei den Sportwagen.
Der BMW 328 "Mille Miglia"
Die Spezialversionen mit Superleggera-Karosserien - der 328 hatte hier seinen Alltagsanzug gegen maßgeschneidertes aus Italien eingetauscht. Die dünne Aluminiumhaut ist bei diesen „Superleggera“ (superleichte) Karosserien direkt auf dem filigranen, tragenden Gitterrohrrahmen befestigt. Das fahrfertige Coupé wiegt gerade mal 780 Kilogramm und erreichte dadurch eine Endgeschwindigkeit von gut 220 km/h. Auch die Motorleistungen dieser Rennboliden waren beeindruckend, so wurden aus 1971 ccm Hubraum rund 120 PS erzielt, spätere Messungen auf einen Prüfstand ergaben sogar 130 - 135 PS.
Insgesamt wurden davon 2 Coupes sowie 3 Roadster gebaut - 2006 wurde zu Ehren des BMW 328 MM ein BMW 328 MM Concept Car gebaut.
Der größte Erfolg
Am 28. April 1940, fuhr der legendäre Rennfahrer Fritz Huschke von Hanstein (1911 - 1996) gemeinsam mit Walter Bäumer auf dem 1.600 km langen Kurs der Mille Miglia, dem damals längsten und schwierigsten, aber auch prestigeträchtigsten Straßenrennen der Welt, unangefochten auf Platz eins. Seinen Triumph erzielte der damals 29-jährige von Hanstein mit Startnummer 70.
Der "Rennbaron" setzte sich vom Start weg an die Spitze des 74 Teilnehmer starken Feldes und legte die Gesamtstrecke in weniger als neun Stunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 170 km/h zurück. Am Ziel hatte das BMW-Team vor den bis dahin übermächtigen Alfa-Romeo-Werksteams 15 Minuten Vorsprung. Dies war der bis dahin bedeutendste Sieg für das noch junge Automobilunternehmen BMW. Abgerundet wurde der Sieg noch durch die hervorragenden Platzierungen der 328 Roadster auf den Plätzen 3, 5 und 6.
Bilanz
Zwischen April 1936 und September 1939 entstanden 464 BMW 328.
Bis 1940 ist die Teilnahme an 172 nationalen und internationalen Rennen überliefert - Bilanz: 141 Siege, darunter Legenden wie der Gesamtsieg und Mannschaftspreis bei der Mille Miglia 1940.
Mit dem speziellen Roadster- und Coupé-Aufbau von Carrozzeria Touring aus Mailand schafft der 328 die 1000 Meilen in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 166,7 Kilometer pro Stunde.
Auch nach dem Krieg wurde die Erfolgsserie noch viele Jahre fortgeführt, wenn auch unter anderen Namen. Bis 1958 wurden Sportwagen gebaut, die ihren Reiz nicht zuletzt dem Motor des BMW 328 verdankten - Namen wie Veritas, Bristol oder Frazer-Nash ließen und lassen Kenner auch heute noch aufhorchen.
Technische Daten: BMW 328 Coupé Touring
Fahrgestellnummer: 85368
Baujahr: 1939
Motor: Sechszylinder-Reihenmotor
Bohrung x Hub: 66 x 96 mm
Hubraum: 1971 ccm
Verdichtung: 11,4 : 1
Leistung: 136 PS bei 6000 U/min
Vergaser 3 Solex 30 JF
Besonderheiten Motor: Vergaser auf 32 mm aufgebohrt,erleichterter Ventiltrieb,Kurbelwelle mit 9 Gegengewichten
Getriebe: Hurth 328 Viergang + R
Achsübersetzung: 3,44 : 1
Bremsen: Alfin-Trommelbremsen 280 mm
Länge: 3990 mm
Breite: 1520 mm
Höhe: 1320 mm
Radstand: 2400 mm
Spurweite v/h: 1153/1220 mm
Gewicht fahrfertig: 780 kg
Reifengröße v/h: 5,00 x 17/5,50 x 17
Tankvolumen: 100 Liter
Luftwiderstandsbeiwert: cw 0,35
Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
Bilder: BMW 328
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Fotos: (c) BMW AG