Der 02er spielte eine wichtige Rolle in den 60er Jahren, die für BMW der Aufbruch zu neuen Ufern waren.
Nach problematischen Jahren des Wiederbeginns und dem drohenden Verkauf der Firma Ende der 50er Jahre zeigten zuerst der BMW 700 und dann insbesondere der 1962 vorgestellte BMW 1500, als erster Vertreter der "Neuen Klasse", den zukünftigen Weg. Aus den Marktuntersuchungen ergab sich, dass durch sportlich kompakte Mittelklasse-Limousinen ein erfolg versprechendes Wachstumspotential geboten wird. Die viertürige BMW 1500 Limousine entsprach diesem Wachstumspotential.
Die BMW 700 Reihe wurde 1965 eingestellt. Es war die Zeit für ein neues Modell.
BMW 1600-2
1966: Der BMW 1600-2 wurde am 7. März 1966 anlässlich des 50sten Geburtstags der BMW AG vor der Münchner Oper erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Drei Tage später stellte sich der Zweitürer auf dem Genfer Salon der Kundschaft vor.
Das Modell verfügte über 85 PS, ein Drehmoment von 12,6 mkp bei 3000 U/min, eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 13,3 sek und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h.
Der 1600 war nicht nur einfach als ein Nachfolgemodell bezeichnet, durch ihn wurde dieses Marktsegment ganz neu definiert: "modern, kompakt, dynamisch, sportlich, mit einem vielfältigen Ausstattungsangebot, das sich durch stilistische und technische Geschlossenheit auszeichnet", so lautete die damalige Werbung. Der BMW 1600 war ein typisches Fahrerauto. Die niedrige Gürtellinie und die großen Fensterflächen verliehen dem Auto ein luftiges und transparentes Aussehen. Es waren nur Vierzylinder-Typen (Motortyp M10 ) mit den Namen 1502, BMW 1600-2, 1602, 1600 ti, 1802 und 2002, 2002 ti, 2002 tii und BMW 2002 Turbo vorhanden, (die ersten beiden Ziffern geben jeweils den Hubraum an, außer beim 1502, der auch über 1600 cm³ Hubraum verfügte). Für die Modelle 1502 – 1802 sind die Entwicklungscodes Typ 114, für den BMW 2002 inkl. ti und tii E10 und für den BMW 2002 turbo E20.
Der 1600 wurde nicht nur zur besten Kompaktlimousine des Jahres gewählt, sondern konnten schon im ersten Jahr über 13.000 Exemplare hergestellt werden.
1967: In diesem Jahr wurde mit dem 1600 ti ein über 105 PS Leistung verfügtes Modell auf den Markt gebracht, mit dem bei nur 960 kg Gewicht echte Sportwagenwerte erzielt wurden.
Beste Voraussetzungen natürlich auch für die Anwendung im Motorsport. So war es aus diesem Grunde auch keine große Überraschung, dass die 02er in fast allen Disziplinen des automobilen Motorsports der 60er und 70er Jahre oft nicht zu schlagen waren.
Die Bezeichnung 02er:
1968 entstand die Bezeichnung 02er Reihe mit Erscheinen des BMW 2002 in Abgrenzung zu den viertürigen Modellen der "Neuen Klasse". Die Modelle hatten aber nur zwei Türen.
Diesem Beispiel folgen die Typenbezeichnungen der weiteren Modelle. Das Programm dieser insgesamt rund 825.000 mal hergestellten sehr beliebten Baureihe wurde von einer Vielfalt von Motor- und Karosserievarianten, vom 1502 bis zum 2002 turbo, von zweitürigen Limousinen über Cabrios mit und ohne Überrollbügel bis hin zum ersten touring ergänzt.
Das Kraftpaket 2002 für 9.240 DM
Als „Kraftpaket“ angekündigt, erfüllte der BMW 2002 die in ihn gesetzten hohen Erwartungen in jeder Hinsicht und auch der Preis des neuen Modells war eine echte Sensation. Da alle Komponenten bereits bewährt und vorhanden waren, konnte der 2002 für 9.240 DM angeboten werden. Das war gerade mal ein Tausender mehr als für einen damals gängigen Mittelklassewagen mit 90 PS verlangt wurde. Doch während jener 16 Sekunden brauchte, um die 100 km/h-Marke zu erreichen, bekam der sportlich orientierte Kunde bei BMW jetzt einen Viersitzer mit großem Kofferraum, der diese Disziplin in nur 10,7 Sekunden erledigte. Es bedurfte schon eines echten Sportwagens, um einem BMW 2002 davon zu fahren.
Aufgrund seiner überlegenen Leistung hatte er es zudem nicht nötig martialisch aufzutreten. Nicht einmal den Modellschriftzug zeigte BMW im Kühlergrill, sondern nur am Heck. Der Begriff „Understatement“ gewann durch dieses Modell im deutschen Automobilbau eine neue Dimension.
Die oft in den typischen Farben der 70er-Jahre – wie „Golf“-Gelb oder „Inka“-Orange – lackierten 2002 verbanden auf einzigartige Weise die typischen BMW Tugenden Dynamik und Praktikabilität, sie waren „Familienkutsche“ und „Sportskanone“ zugleich.
Der Bestsellers: 330.212 verkaufte BMW 2002
Schon im ersten Produktionsjahr verkaufte BMW fast 29 000 Wagen des Typs 2002. Bis 1972 sollte sich diese Zahl kontinuierlich auf annähernd 60 000 Einheiten pro Jahr steigern.
Rund 20 Prozent der Wagen gingen dabei in die USA – ein bis dato unerreichter Erfolg. Satte 330 212 Stück rollten bis zum e 1975 vom Band und stellten damit den Löwenanteil der 02er-Reihe. Ihm folgte im Herbst 1968 der 2002 ti mit 120 PS und 185 km/h Spitze. Und das in einer Zeit, in der die durchschnittliche Leistung der in Deutschland zugelassenen Autos bei 51 PS lag.
Varianten: 1602 ti, 2002 ti, 2002 tii
Mit dem Kürzel „ti“ bzw. „tii“ werden die heute sehr gesuchten Sportversionen bezeichnet. Die ti-Modelle sind mit einem 40er Solex-Doppelvergaser, der BMW 2002 tii und der 2002 turbo einem Motor mit mechanischer Kugelfischer-Einspritzanlage ausgerüstet. Die Einspritzanlage war zu dieser Zeit auch im Rennsport sehr erfolgreich, dort meistens mit Flachschieberanlage statt Drosselklappe.
Der mit dem Entwicklungscode BMW E20 bezeichnete BMW 2002 turbo mit einer Lesitung von 170 PS war das erste in Serie produzierte deutsche Auto mit Abgasturbolader. Der während der ersten Ölkrise vorgestellte Wagen wurde sofort wegen des hohen Benzinverbrauchs kritisiert; ebenso wie der in der Presse als „Kriegsbemalung" titulierte turbo 2002 Spiegelschriftzug auf dem Frontspoiler. Nach 14 Monaten und 1672 hergestellten Wagen wurde das nur in den Farben Silber und Weiß erhältliche Modell wieder eingestellt.
1600 touring, 1800 touring, 2000 touring
Der touring war die erste Kombi-Limousine in Deutschland mit geteilter Rückbank. Das von Paul Bracq gezeichnete Modell hatte den Vorderwagen der 02er Reihe und ein deutlich verändertes
Heck. Statt des konventionellen Stufenhecks hatte der Viersitzer eine schräge Heckklappe und war 12 Zentimeter kürzer als die Limousinen. Den viersitzigen touring, der dem Trend der späteren Schrägheck-Limousinen und noch späteren Sport-Kombis um Jahre vorausfuhr, gab es in allen Motorvarianten.
Ab 1971 gab es zu allen Motorisierungen mit Ausnahme des 1502 und des 2002 turbo auch Schrägheckvarianten mit den Bezeichnungen 1600 touring, 1800 touring und 2000 touring (zzgl. der entsprechenden ti- und tii-Varianten).
Wichtig zu wissen: Da die Wagen über drei Türen (einschl. Heckklappe) verfügten und nicht zwei, wie die anderen Modelle, wurden sie auch nicht "1602" usw. genannt. Oft anzutreffende touring-Fahrzeuge mit der Zierschrift "1602 touring" usw. sind nach Aussage des Münchner Markenclubs unrichtig beschriftet. Es wurden nur etwa 30. 000 touring-Exemplare hergestellt.
Cabriolets
In Stuttgart wurden von Baur zwei Cabrio-Varianten des 02 gefertigt, ein Vollcabriolet und einen Targa, die über einen maximal Zweiliter-Motor und einer Leistung von 100 PS verfügten.
Der offene 2002 besaß ein über die gesamte Türlänge reichendes herausnehmbares Dachelement, eine nach vorn versetzte C-Säule und dahinter ein Stoffdach mit eingearbeiteter Heckscheibe. So konnte das Auto entweder nur mit einer Art vergrößertem Schiebedach gefahren werden oder als Landaulet mit offenem Fond oder aber sowohl vorne wie hinten offen.
Erfolge im Motorsport
Von Anfang an setzte BMW den 2002 auch bei Rundstreckenrennen ein. Und der erste Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Bereits beim zweiten Lauf zur Tourenwagen-Europameisterschaft setzte sich Dieter Quester gegen die Konkurrenz von Porsche und Alfa Romeo durch und stellte ganz nebenbei einen Rundenrekord auf. Es folgte eine fulminante Premieren-Saison, deren Krönung der EM-Titel war.
Von Anfang an setzte auch eine Reihe privater Rennställe auf den schnellen Zweiliter. Zur Weihnachtszeit 1968 fällte Rennleiter Alex von Falkenhausen eine Entscheidung mit großer Tragweite: Angesichts der immer stärker werdenden Konkurrenz beschloss er „Jetzt machen wir einen Turbo drauf.“ Der Einsatz der Abgasturbine katapultierte die Leistung des 2002 tiK von den 205 PS des Saugmotors auf aufgeladene 280 PS. Doch es war ein Wagnis – nicht nur auf dem Prüfstand explodierten die Rennmotoren des Öfteren. Maßgeblich an dem Projekt beteiligt war der Vater des späteren Formel-1-Weltmeister-Motors Paul Rosche: „Wir haben uns eigentlich schon bei den ersten Prüfstandsläufen des Turbos Gedanken gemacht, ob das nicht was für die Formel 1 sein könnte. Schließlich schien das Leistungspotenzial unerschöpflich zu sein. Und wir haben fortan nicht nachgelassen, diesem Traum Leben einzuhauchen.“ Nach der Bändigung des explosiven Inneren galt es, die Kraft des Aggregats auch auf die Straße zu bringen. Die bislang für den 2002 ti verwendeten Reifen zeigten sich in den unteren Gängen hoffnungslos überfordert, so dass sie durch eine imposante Formel-2-Bereifung mit bis zu 260 Millimeter Straßenkontakt ersetzt werden mussten. Die dazu verbreiterten Radkästen wurden fortan zum Markenzeichen des kräftigen Münchners, mit dem Dieter Quester seinen Titel 1969 verteidigen konnte.
Die erfolgreichen BMW 02 konnten auch weiterhin dem Rennsport Impulse geben, vor allem in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft. Die Baureihe war als Startpunkt für eine Reihe von Tuning-Unternehmen wie Alpina, GS-Tuning, Koepchen, Schnitzer, etc., die dazu beitrugen, die 02er noch sportlicher zu machen.
1975 wurde die Baureihe durch den ersten BMW3er abgelöst, das Einstiegsmodell 1502 aber noch bis 1977 weiter hergestellt. Die nachfolgenden Generationen der 3er Reihe können ihren Erfolg der 02er Reihe danken. Diese hat das Markenimage von BMW ganz wesentlich mitgeprägt und wurde für eine große Fan-Gemeinde selbst zum Kultauto.
Ende einer Ära: Der erste 3er kommt
1972 war unmittelbar nach den Olympischen Spielen, die von 02ern mit Batterieantrieb begleitet wurden, die erste 5er Reihe vorgestellt worden, die optisch eine neue Ära einleitete. Auch die Ablösung der kleinen Klasse wurde damit absehbar. Dabei war der 02 beileibe noch kein Auslaufmodell: 1974, ein Jahr vor der Ablösung durch die 3er Reihe erreichte die 02-Produktion mit 111 239 Einheiten ihren Zenit. Deshalb erlaubte sich BMW 1975 eine selbstbewusste Art des Modellwechsels: Die erste 3er Reihe wurde vorgestellt – und gleichzeitig der 1502 als neues, letztes und dann auch einziges Modell der 02-Reihe. Er wurde von einer niedriger verdichteten 1602 Maschine angetrieben und war deshalb zusammen mit dem 518 der erste BMW, der sich mit Normalbenzin begnügte. Und er hatte Erfolg damit: 71 564 Exemplare des 11 900 DM teuren Wagens verließen die Münchner Werkshallen bis 1977. Der Vorstandsvorsitzende Eberhard von Kuenheim freute sich in einem Interview im Frühjahr 1976: „80 Prozent der Käufer des 1502 sind vorher im Besitz fremder Automarken gewesen.“
Bilder der 02 Baureihe:
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Fotos © BMW AG