Die Rennsportgeschichte des Elfers
Der erste Einsatz im Motorsport
Die Linge-Falk-Connection - Porsche nahm die Produktion des 911 im Jahr 1964 auf. Im Porsche-Museum ist ein Exemplar aus der ersten Serie zu sehen. Die Fakten: Grau mit roter Innenausstattung, 130 PS stark, Hubraum 1.991 ccm, Gewicht 1.080 Kilogramm. Dieser Wagen hat eine besondere Geschichte. Er war der erste Porsche 911, der im Motorsport eingesetzt wurde. Herbert Linge/Peter Falk (D), die beiden Porsche-Techniker, starteten im Januar 1965 mit dem 911 bei der Rallye Monte Carlo und erzielten den 5. Platz im Gesamtklassement.
Erster Einsatz – erster Sieg: Herbert Linge/Peter Falk errangen mit dem brandneuen 911 bei der Rallye Monte Carlo 1965 einen Klassensieg und wurden Fünfte im Gesamtklassement.
Die technische Aufrüstung fiel bescheiden aus. “Statt der Solex-Vergaser montierten wir Weber-Dreifachvergaser", erinnert sich Peter Falk. Der spätere Porsche-Rennleiter kümmerte sich damals im Fahrversuch vorwiegend um die Fahrwerksentwicklung. Zusatzscheinwerfer wurden
Herbert Linge/Peter Falk errangen mit dem 911 bei der Rallye Monte Carlo 1965 den Klassensieg
Erster Einsatz – erster Sieg: Herbert Linge/Peter Falk errangen mit dem brandneuen 911 bei der Rallye Monte Carlo 1965 einen Klassensieg und wurden Fünfte im Gesamtklassement.
montiert und eine Art Vorläufer der modernen Gegensprechanlagen. Falk: “Ich sprach in einen dicken Plastikschlauch, der direkt in Herberts Helm führte. Dieses Sprachrohr hat hervorragend funktioniert." Zu sagen hatte Falk manches, denn das Duo hatte in den Seealpen trainiert und ein “Gebetbuch" erstellt.
Richtig ernst genommen hat diesen Einsatz nicht einmal Rennleiter Huschke von Hanstein. Peter Falk: “Huschke wollte aber trotzdem, dass die Presse von dem neuen Porsche beim Start in Bad Homburg Notiz nimmt." Herbert Linge ergänzt: “Im Stillen hoffte Huschke, dass wir uns bis Monte Carlo durchschlagen und dann bei Fürst Rainier vorfahren. Diese Fotos wollte er haben, die Platzierung spielte keine Rolle. Auf Schnee schnell Auto fahren konnten nach Meinung der Fachleute sowieso bloß Skandinavier."
Herbert Linge (rechts) und Peter Falk (links) bei der Rallye Monte Carlo 1965
Und Schnee lag bei jener “Monte" wie selten zuvor oder danach. Die lange Anfahrt nach Monte Carlo verlief noch planmäßig. Doch als es auf der großen Schleife ernst wurde, versanken die Teams regelrecht unter den Schneemassen. Peter Falk: “Bei Chambéry wurde es ganz schlimm. Da war kaum ein Durchkommen. Wir haben uns sogar verfahren". Doch Rennstratege Falk wusste sich zu helfen. “Per Kompass haben wir die Zeitkontrolle am Ende der Sonderprüfung gefunden, nach uns kam dann keiner mehr." Linge lacht noch heute, wenn er sich an diese Rallye erinnert: “Zeitweise lagen wir an dritter Stelle – da haben sie geguckt, die Skandinavier!"
Die besten 60 Fahrzeuge wurden zum großen Finale zugelassen, zur “Nacht der langen Messer". Natürlich auch Linge/Falk und ein zweiter Werks-Porsche, ein 904 mit Eugen Böhringer und Rolf Wütherich. Die zwei Porsche-Teams lagen kurz vor Schluss nicht weit auseinander. “Doch vor den letzten Sonderprüfungen ließ sich Böhringer Porsches letzten Satz der (damals) sagenhaften Hakkapeliitta-Reifen montieren", weiß Falk noch. Diese finnischen Pneus waren extrem schmal und mit Spikes übersät. Linge: “Wir mussten von da an mit ganz normalen M&S-Reifen rumrutschen." Das hat Zeit gekostet. Dennoch fiel das Ergebnis so überraschend wie überragend aus: Platz fünf im Gesamtklassement für Herbert Linge/Peter Falk im ersten Rennsport-Einsatz des Porsche 911. Böhringer/Wütherich im 904 wurden Zweite. Die Skandinavier beruhigte allenfalls, dass schließlich doch einer der ihren gewonnen hatte: Timo Mäkinen/Paul Easter mit dem Mini Cooper S.
Linge/Falk haben den Weg bereitet für weitere Einsätze des Porsche 911 bei der Rallye Monte Carlo. 1968 siegten Elford/Stone sowie 1969 und 1970 Waldegård/Helmer mit Elfern, die vom Werk eingesetzt wurden. Jahre später, 1978, ließen Nicolas/Lavergne im Zuge eines Privateinsatzes noch einen 911-Triumph bei der berühmtesten Rallye der Welt folgen.
911 Renn-Erfolge
Nicht alle Porsche-Erfolge auf den Rennstrecken sammelte der 911 ein. Ausnahmen sind beispielsweise die Le Mans-Siege 1970 und 1971, als der Porsche 917 mit Zwölfzylinder-Motor gewann. Und auch die drei Formel-1-Weltmeisterschaften 1984, 1985 und 1986 wurden mit McLaren-TAG/Porsche erzielt, die mit einem 911 überhaupt nichts gemein haben. Aber schon der Le Mans-Rekordsiegerwagen vom Typ 956/962C mit Siegen zwischen 1982 und 1994 ist ein direkter Verwandter des 911, denn sein Turbo-Triebwerk stammt vom Sechszylinder-Boxer-Motor des Elfers ab. Auch der 911 hat die 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Der Typ 935 von Klaus Ludwig/Bill Whittington/Don Whittington war 1979 nichts anderes als die Rennversion des 911. Von gut 23.000 Siegen in Porsches Rennsportgeschichte gehen über die Hälfte auf das Konto des Elfers, damit ist der 911 mit seinen Rennversionen der erfolgreichste Rennwagen aller Zeiten.
Erster Start, erster Erfolg – das war 1965, als Herbert Linge und Peter Falk bei der Rallye Monte Carlo als krasse Außenseiter einen Klassensieg einfuhren und den (sensationellen) fünften Platz im Gesamtklassement belegten. Schmal war der Wagen damals und nach heutigen Begriffen nicht übermäßig stark. 130 PS genügten den beiden Porsche-Experten. Dabei blieb es nicht. Schon die Sieger der Rallye Monte Carlo 1968 bis 1970, es waren die Teams Elford/Stone und zweimal Waldegård/Helmer, hatten mehr Leistung. 1970 waren es 230 PS. In diesem Jahr entstand auch der leichteste jemals gebaute 911 mit Straßenzulassung. Der Wagen wog 789 kg, Gérard Larrousse startete mit ihm bei der Rallye Stuttgart-Lyon-Charbonnières. 1978 siegte der Franzose Jean-Pierre Nicolas bei der Rallye Monte Carlo noch einmal mit einem 911.
Siegerfahrzeug des Jahres 1973 war der von Herbert Müller und Gijs van Lennep gesteuerte Porsche 911 Carrera RSR (rechts). Links der Porsche 914-6 eines privaten Rennteams.
Noch mehr als im Rallye-Sport dominierte der 911 in den vergangenen vier Jahrzehnten auf der Rundstrecke, weil er besser in die gültigen GT-Reglements passte. In bester Erinnerung bleibt der 911 Carrera RS 2.7, dessen Produktion im Herbst 1972 anlief. Er war Ausgangspunkt für viele 911 mit Rennsportattributen, wie später den Carrera RSR. Bereits 1973 siegten beispielsweise Peter Gregg/Hurley Haywood in Daytona und in Sebring gegen deutlich stärkere GT-Fahrzeuge und Prototypen. Herausragend auch der Sieg bei der letzten Targa Florio, als Herbert Müller/Gijs Van Lennep mit einem Carrera-Prototyp gegen starke Konkurrenz diesen Marken-Weltmeister-schaftslauf als Erste beendeten.
Dann kam die Turbo-Ära. Zunächst hauchte der Turbolader 1972 und 1973 dem 12-Zylinder-Motor des 917/30 bis zu 1.100 PS ein. Bald wurden auch 911-Triebwerke aufgeladen. 1974 startete Porsche mit den von der Serie abgeleiteten Turbos in der Prototypen-Klasse und wurde hinter reinrassigen Rennwagen Zweiter in Watkins Glen und auch in Le Mans. Reglementsgemäß hatte der Motor 2.142 ccm, die Leistung lag bei 500 PS.
Der 911 wuchs in die Breite und wurde flacher
Dies waren die Vorläufer für die Modelle 934 und 935, die für das neue internationale Regelwerk ab
1976, die “Gruppe 4" und “Gruppe 5", geschaffen wurden. Der 911 wuchs in die Breite, die Frontpartie wurde flach, mächtiges Flügelwerk optimierte die Aerodynamik.
Markenweltmeisterschaft 1976 Porsche konnte 1976 mit dem 935 auf Anhieb die neu geschaffene Markenweltmeisterschaft für Produktions-Sportwagen der Gruppe 5 gewinnen. Hier siegen Manfred Schurti und Rolf Stommelen in Watkins Glen.
Der von Ingenieur Norbert Singer entwickelte 935 war so leicht geraten, dass ein Mindestgewicht von 970 kg ohne Bleigewichte deutlich unterschritten worden wäre. Porsche fuhr mit einem Hubraum von 2,8 Liter, um in eine vom Gewicht her günstige Klasse eingestuft zu werden. Der Motor leistete 590 PS bei 7.900 U/min. Die Teams Rolf Stommelen/Manfred Schurti und Jochen Mass/Jacky Ickx gewannen für Porsche die Markenweltmeisterschaft. Noch zwei Zahlen: Die Höchstgeschwindigkeit des 935 von 1976 betrug in Le Mans 336 km/h, die Beschleunigung von 0 auf 200 km/h beachtenswerte 8,2 Sekunden. Ein optimierter 935 siegte 1977 bei drei Rennen zur Marken-WM, private 935 sicherten Porsche erneut den Titel.
Markenweltmeisterschaft 1976 Porsche konnte 1976 mit dem 935 auf Anhieb die neu geschaffene Markenweltmeisterschaft für Produktions-Sportwagen der Gruppe 5 gewinnen. Hier siegen Manfred Schurti und Rolf Stommelen in Watkins Glen.
In die 935-Familie passt auch das “Baby". Wegen des Reglements der damaligen Deutschen Rennsportmeisterschaft kam 1977 ein 1,4-Liter-Triebwerk zum Zuge. Dennoch leistete der Motor 370 PS. Beim Wiegen ohne Zusatzgewichte wog dieser 935 nur 710 kg. Jacky Ickx gewann mit dem “Baby" in Hockenheim und sorgte in der Rennsportmeisterschaft für Aufregung. Das andere Extrem: der “Moby Dick" des Jahres 1978.
935 „Moby Dick“ aus dem Jahr 1978. Dieser Renn-911 leistete 845 PS
Rein äußerlich unterschied sich dieser Porsche durch seine Form von allen anderen 935-Versionen. Norbert Singer, Porsches in der Rennabteilung über Jahrzehnte führender Ingenieur und Projektleiter, nahm der Kunststoff-Karosserie unten einige Zentimeter ab, bevor er sie über das Chassis stülpte.
Somit wurde der ganze Wagen flacher, was ebenso der Aerodynamik zugute kam wie sein langes Heck. Der “Moby Dick" war wegen seines Einsatzortes Le Mans auf Höchstgeschwindigkeit getrimmt. Gemessen wurde eine Topspeed von 366 km/h. Erstmals in der 911-Geschichte erhielt der Motor wassergekühlte Zylinderköpfe, in denen pro Zylinder vier Ventile angeordnet waren. Die Zylinder selbst blieben luftgekühlt. Bis zu 845 PS leistete der aufgeladene 3,2-Liter-Sechszylinder-Motor mit vier oben liegenden Nockenwellen. Er siegte beim Marken-WM-Lauf in Silverstone und wurde in Le Mans Achter.
1984 gewann Porsche die Rallye Paris-Dakar mit dem 911 SC 4x4. Im Gegensatz zum späteren 959 war der 4x4 als Basisfahrzeug für den Rallye-911 nicht mit elektronisch geregeltem Allradantrieb und einem Turbo-Triebwerk ausgerüstet. Der aufgeladene Turbomotor des 959 von 1986 leistete 400 PS. Die Höchstgeschwindigkeit dieses hoch gelegten Fahrzeugs betrug 210 km/h – selbst auf nicht befestigten Pisten. Der 959, ein “Über-911", belegte bei der Paris-Dakar 1986 die Plätze eins, zwei und sechs.
Doppelsieg in Le Mans 1998
Nach dem Ende der Gruppe C (Motorsport mit Prototypen) war Porsche in den internationalen GT-Serien mit dem GT2 sehr erfolgreich. Bis zu 600 Turbo-PS leisteten die von Privatteams eingesetzten 911. Für Werkseinsätze wurde 1996 der erste 911 GT1 entwickelt, der zwei Jahre später in den 911 GT1’ 98 mündete.
911 GT1’ 98. Mit diesem Typ errang Porsche 1998 beim 24 Stunden-Rennen in Le Mans einen Doppelsieg.
Zum ersten Mal (1998) kam bei Porsche ein Sportwagen mit Kohlefaserchassis zum Einsatz. Der Vorteil: 50 bis 70 Kilogramm weniger Gewicht und ein steiferes Chassis. Herausragend war der Doppelsieg in Le Mans 1998 von Allan McNish/Laurent Aiello/Stéphane Ortelli vor Uwe Alzen/Bob Wollek/Jörg Müller. Der Sechszylinder stammte nicht direkt vom 911-Urahn ab. Motorblock und Zylinderköpfe des 3,2-Liter-Triebwerks bestanden aus Aluminium. Dieser Motor war wassergekühlt, mit Hilfe von zwei KKK-Abgasturboladern wurden mehr als 500 PS erzielt.
Seit 1990 wird auch in den schnellsten Markenpokalen der Welt mit Elfern gefahren. Zunächst entstand in diesem Jahr der nationale Carrera Cup, 1993 folgte der internationale Porsche-Pirelli-Supercup. Später kamen Markenpokale mit dem 911 Carrera auch in Frankreich und Japan hinzu. Seit 2003 bringt der Carrera Cup Asien Porsche-Faszination nach Malaysia, Süd-Korea, Thailand und die Volksrepublik China.
Auch in England und Australien sind die Porsche-Markencups 2003 erstmals zu sehen. Das Cup-Fahrzeug wurde parallel zur Serie immer weiter entwickelt. Seit der Vorstellung des 911 GT3 wird im Markenpokal mit dem “911 GT3 Cup" gefahren.
Ab 2003 im Carrera Cup Asien: Porsche 911 GT3 Cup
Gegenüber dem schon sehr sportlichen GT3 ist die Cup-Version noch ein kleines Stück mehr Rennwagen. Kunststoff-Türen und -Hauben, ein Sicherheits-Käfig, der Verzicht auf alles Dämmmaterial und profillose Rennreifen fallen ins Auge. Auch Zylinder, Kolben, Pleuel und das Getriebe wurden von den Ingenieuren der Rennabteilung immer wieder überarbeitet.
Kundensport auf hohem Niveau
Wohl bei keinem anderen Automobilhersteller kann ein Rennteam einen kompletten Sportwagen für den Einsatz im Motorsport kaufen und damit sofort internationale Klassiker gewinnen – wie beispielsweise in Daytona 2003 geschehen. Und ganz sicher hat kein anderer Hersteller eine ähnlich lange Tradition bei der Unterstützung von Privatfahrern. Manche Automobilfirmen kommen in den Motorsport, manche gehen – Porsche bleibt. Das ist seit rund fünf Jahrzehnten so. Und darauf bauen private Rennställe. Das führt zu glänzenden Resultaten auf Rennstrecken in aller Welt – und in der Weissacher Kundensport-Abteilung zu Beschäftigung, Arbeitsplätzen und vollen Auftragsbüchern.
Bilder 911 Porsche im Großformat
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Fotos: (c) by Porsche